Freitag, 5. August 2005

Schlauchtragekorb gegen Rollschlauch

von Gerhard Urschler

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Zuletzt am Freitag, 22. Juni 2012 geändert.

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Technische Entwicklungen finden ständig ihren Weg in die Feuerwehrhäuser. Es ist aber teilweise recht schwierig festzustellen, ob es sich hier tatsächlich um eine brauchbare Innovation oder "nur" um eine gleichwertige Alternative handelt. Nur durch Studium der Literatur und diverser Vergleichstests wird man aber auf keinen grünen Zweig kommen - also, einfach selber ausprobieren!

Bei der Sonntagsbereitschaft der 3. Schleife am 31.7.2005 ergab sich die Gelegenheit einen Schlauchtragekorb für C-Druckschläuche auszutesten. Kamerad Christof Unfried von der FF Krustetten hat dankenswerter Weise dieses Gerät organisiert - die Sonntagsbereitschaft hat hier die Gelegenheit genutzt und das Ding zu Tode beübt.


Anfänglich wurde Verarbeitung und Beladung getestet. Auffällig: Das Befüllen des Schlauchtragekorbes dauert deutlich länger als das Rollen dreier Rollschläuche. Auch ist der gefüllte Korb relativ unhandlich. Bei hoch angebrachten Geräteräumen ist die Entnahme nicht einfach. Der Schlauchtragekorb ist aus Aluminium, verarbeitungsbedingt sind teilweise recht scharfkantige Bleche vorhanden. Aber im Feuerwehrdienst werden ja grundsätzlich Handschuhe getragen, nicht wahr?

In der laufenden Diskussion wird ja immer betont, dass der Schlauchtragekorb vom Handling und von der Zeit her dem herkömmlichen Rollschlauch überlegen wäre. Bei all diesen Test hat mich eines immer verblüfft: Es wurden Szenarien ausgesucht, die den Schlauchtragekorb bevorzugen und dort wurde dann verglichen...In der Praxis ist aber eines offensichtlich: es gibt eine ganze Reihe von Szenarien wo der Schlauchtragekorb von vornherein keinen Vorteil bietet, ja sogar ungeeignet ist!

Wenn eine "Kellerleitung" (also für das Vorgehen mit bereits gefüllter Löschleitung) vorbereitet werden soll, ist der Schlachtragekorb nicht verwendbar. Das Ausrollen der Rollschläuche mit dieser eleganten Bewegung aus dem Handgelenk ist deutlich schneller.

Das Auslegen der Schlauchreserve ist beim Schlauchtragekorb extrem ungeschickt. Manche Feuerwehren kombinieren daher Rollschlauch und Schlauchtragekorb, als Reserve wird ein Rollschlauch wie gehabt (diese elegante Bewegung aus dem Handgelenk) ausgerollt.

Wenn die Distanz zwischen TLF und Brandobjekt recht gering ist (keine HD-Verlängerung notwendig ist), dann reduziert sich die Entwicklungszeit auf die Arbeit des Maschinisten. Ein formbeständiger (HD-)Schlauch kann schon gefüllt werden während er noch ausgezogen wird. Der Schlauchtragekorb ist schon alleine deswegen unterlegen, da das Material erst abgewickelt und evt. verkürzt (!!) werden muss, bevor die Leitung gefüllt werden kann.

Wozu also überhaupt noch die Überlegungen anstellen? Naja, es gibt wie gesagt Szenarien, wo der Schlauchtragekorb besser geeignet ist. Vor allem die reine Auslegearbeit im Stiegenhaus ist das klassische Schlauchtragekorb-Spezialgebiet. Um dies zu vergleichen, haben wir einen Versuch mit 3 Rollschläuchen gemacht. Zuerst einmal auf einer ebenen Asphaltfläche, der letzte Schlauch wurde als Schlauchreserve ausgeführt.

Man nehme: eine beliebige Kombination aus Feuerwehrmitgliedern,......Schlauchmaterial, einen Verteiler und 2 Strahlrohre. Das Experiment kann beginnen...Die Aufstellung wird zwar ein wenig diskutiert......aber der Auftrag ist klar.Los geht's!Der Blick nach hinten: ist der Schlauch ausgelegt oder nicht. Erscheint trivial, war aber im STiegenhaus problematisch.1. Rohr steht nach 24 Sekunden.
Dann das gleiche Szenario mit einem Schlauchtragekorb. Zwischen beiden Varianten lagen 3 Sekunden Zeitunterschied. Diese ergaben sich aus drei Faktoren: Bei der Rollschlauchvariante müssen die Feuerwehrmitglieder aufeinander warten, da ja die Schläuche abwechselnd ausgezogen werden. Dann müssen die Kupplungen der Schläuche verbunden werden. Bei der Schlauchtragekorbvariante kann der "Läufer" in einem Zug durchlaufen, und es entfällt das Kuppeln. Dafür wird wieder Zeit beim Auslegen der Schlauchreserve verloren. Unterm Strich ist die Differenz (3 Sekunden) bei dieser Verlegeform völlig irrelevant.
Beim Schlauchtragekorb war die Vorbereitungszeit schon weitaus länger: zu dritt konnte der Korb in ca. 10 Minuten bestückt werden.Aufstellung beim Verteiler.Am Start...Los geht's!Das Auslegen der Leitung ist babyleicht...Blick zurück...Das Auslegen der Schlauchreserve ist holprig.Das zweite Rohr ist aber trotzdem um 3 Sek. schneller: mit 21 Sekunden war es fertig.
Im Stiegenhaus sieht die Sache schon etwas anders aus: Hier wurde das Parkdeck in Krems gewählt, mit einem netten Fluchtstiegenhaus über drei Stockwerke. Die Rollschlauchverleger schafften das Szenario in knapp 42 Sekunden, hier kam als zusätzliches Problem hinzu, dass die "Schlauchstafette" schwerer zu überschauen ist, da das Stiegenhaus nicht einsichtig ist. Der Vordermann zieht also an einem Schlauch der bereits ausgezogen ist, während der Hintermann zu lange zögert (da er glaubt, der Schlauch wird noch ausgezogen). Hier könnte man also durch geeignete Kommunikation (lautes Rufen "Fertig"?) eine Beschleunigung herbeiführen.
Lokalaugenschein im Kurze Absprache......und los geht's.Ankuppeln am Verteiler......und Stufen, Stufen, Stufen.Öffnen des Rollschlauches am Treppenabsatz.Weiter geht's.Das Ziel ist in Sicht.Nur noch 3 Meter...Geschafft.Fazit: Strahlrohr mit Rollschlauch in 42 Sekunden in Stellung gebracht!Und Wegräumen geht auch viel einfacher als mit einem Tragekorb....
Bei der Schlauchkorbvariante ist der "Läufer" wieder völlig ungehindert und kann das Stiegenhaus ungebremst durchhechten. Hauptzeitverlust: Der Mann mit dem Strahlrohr muss unten warten bis genug Schlauch verlegt ist (damit der Verteiler nicht im Stiegenhaus nach oben geschleppt wird) und kommt daher erst später mit dem Strahlrohr nach vorne. (Streng nach Ausbildungsvorschrift müsste er eigentlich warten, bis der Vordermann den Schlauch ganz ausgezogen hat. Dies wurde aber unterlassen). Die Zeitdifferenz beider Varianten beträgt immerhin 10 Sekunden...
Das Wunder Schlauchtragekorb wird mal gehörig bestaunt, befingert und untersucht.Ein Freiwilliger testet das Handling in Überkopfsituationen (z.b. aus einem Geräteraum heraus).Von hoch oben heraus......ist das Ding schlecht zu handhaben.Ein explosiver Start...... und ein rasanter Anstieg.Jetzt wartet der Mr. Cool war schnell:In 32 Sekunden war das Schlauchtragekörbchen im 3. Stock.
Zusammenfassend kann ich nur eines feststellen: die geringfügigen Zeitgewinne wiegen den deutlichen Nachteil, nämlich die Erweiterung auf ZWEI Schlauchverpackungsformen, nicht auf. Der Rollschlauch ist deutlich flexibler in den Einsatzmöglichkeiten. Zugegeben: um den Rollschlauch gleichschnell einsetzen zu können muss die Mannschaft die notwendigen Handgriffe besser geübt haben, der Schlauchtragekorb ist "einfacher" in der Handhabe. Allerdings: Hat man sich aber in der Wahl des Schlauchmaterials vergriffen (also Schlauchtragekorb statt des Rollschlauches) sind die Zeitverluste grösser als erwartet.

Für die Ausbildung ist es auf jeden Fall besser sich nur auf eine "Schlauchart" zu konzentrieren und nicht acht Kombinationsmöglichkeiten sowie ein paar neue Verbotsschilder im Kopf herumtragen zu müssen.

Und zu guter Letzt: die vielzitierte Mühsal beim Auslegen der Rollschläuche konnte ich auch nicht Verspüren...Ist wohl eine Frage der Technik...